Merger Arbitrage & Special Situations

Sowohl Merger Arbitrage als auch sogenannte Special Situations sind ereignisgetriebene Strategien (event driven investments), die versuchen, vom Auftreten von Ineffizienzen bei der Preiserkennung des Marktes zu profitieren. Sie entstehen durch Unternehmensereignisse oder andere klar abgrenzbare externe Faktoren innerhalb eines überschaubaren Zeitfensters und sind deshalb nicht für langfristig orientierte Anleger geeignet. Allerdings bieten sie spannende Einblicke in Märkte und Geschäftsmodelle und vertiefen damit das Verständnis für Chancen/Risiken-Profile von Investitionen. In diesem Beitrag dokumentiere ich – je nach Größe meine aktuellen Position mehr oder minder umfangreich – die laufende Entwicklung solcher Prozesse und die Preisspannen, in denen ich die betreffenden Situationen handele.

Überblick

Activision Blizzard & Microsoft (geschlossen)

17.07.2023: Ich habe die gesamte Position bei 83,70 EUR geschlossen. Die Rendite dieser Arbitrage betrug damit knapp 15%. Das ist - im Wesentlichen aufgrund von Währungseffekten - etwas weniger als erhofft, aber deshalb gewiss kein Grund zu Trauer.

Im Januar 2022 gab Microsoft seine Pläne bekannt, Activision Blizzard, einen der weltweit größten Spieleverlage, für 68,7 Milliarden Dollar zu kaufen. Dies entspricht einem Kaufpreis von knapp 95 USD pro Aktie. Bezogen auf aktuelle Handelspreise der Aktie liegt die mögliche Merger Arbitrage weiterhin bei deutlich über 10%.

Microsoft dürfte es dabei vor allem auf die Umsätze im Bereich Mobile Gaming abgesehen haben, mit denen $ATVI im Schnitt mehr als doppelte gegenüber dem Konsolen- und PC-Spielegeschäft verdient. Während der Deal in 2022 zunächst auf gewaltigen und breiten Widerstand stieß, haben beide Unternehmen den Prozess, Gegnern der Übernahme glaubwürdige Vereinbarungen anzubieten, sehr professionell gemanagt, dass Wettbewerbsbehörden in wichtigen Ländern wie Japan, der EU und UK mittlerweile grünes Licht signalisiert haben.

Durch mehrere gute Quartale, dem Release des Schwergewichts Diablo 4 und der Break Fee von bis zu 3 Milliarden USD, die Microsoft im Falle eines Scheiterns der Übernahme an Activision Blizzard leisten muss, sehe ich für die Aktie eine Kursunterstützung bei etwa 60 EUR.

17. April 2023 – Die südafrikanische Wettbewerbskommission genehmigte als weitere internationale Regulierungsbehörde die Übernahme. Sie teilte mit, sie habe „festgestellt, dass die geplante Transaktion wahrscheinlich nicht zu einer wesentlichen Verhinderung oder Einschränkung des Wettbewerbs auf den relevanten Märkten führen wird“. 

28. März 2023 – Die japanische Kommission für fairen Handel hat mitgeteilt, dass sie keine Unterlassungsanordnung für die geplante Übernahme ausstellen wird, und ihre Untersuchung in dieser Angelegenheit abgeschlossen, so die Aufsichtsbehörde. Sony’s Strategie erleidet damit eine Niederlage, während der Wettbewerber Nintendo sich immerhin eine Zusicherung ausgehandelt hat, Titel aus dem Activision Blizzard Portfolio für die eigenen Plattformen veröffentlichen zu können.

24. März 2023 – Die britische CMA ist vorläufig zu dem Schluss gekommen, dass die voraussichtliche Übernahme von Activision Blizzard, Inc. durch die Microsoft Corporation nicht zu einer wesentlichen Einschränkung des Wettbewerbs im Bereich der Konsolenspiele im Vereinigten Königreich führen wird und die verbleibenden Bedenken zur Übernahme hier in einer Stellungnahme veröffentlicht.

03. März 2023Reuters berichtet unter Berufung auf drei nicht benannte Personen, dass Microsoft kurz davor stehe, die kartellrechtliche Genehmigung der EU für die Übernahme von Activision zu erhalten. Die Aktie stieg im Tagesverlauf über 2%. Details werden vermutlich erst später einsehbar, da die EU ihre Frist für die Entscheidung über das Abkommen um ein paar Wochen auf den 25. April verschoben hat.

03. Februar 2023 – Activision meldete Q4-Ergebnisse, wobei Umsatz (3,57 Mrd USD) und EPS (1,87 USD) über dem Konsens lagen.

Die britische Competition and Markets Authority (CMA) hat ihre Einschätzung zur Übernahme veröffentlicht und beschreibt darin die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs bei Spielkonsolen und Cloud-Gaming-Diensten im Vereinigten Königreich. Sie schlägt strukturelle Abhilfemaßnahmen anstelle der von Microsoft angebotenen verhaltensbezogenen Maßnahmen (Vereinbarungen mit Sony, Nintendo, Steam) vor. Die CMA würde stattdessen lieber Veräußerungen sehen, wie z.B. die Veräußerung des „Call of Duty“-Franchise, die Veräußerung des gesamten Activision-Segments und oder die Veräußerung von Activision und Blizzard und der dort entwickelten Titel. Effektiv würde die Übernahme dann nur noch Teile des Mobile-Segments King (z.B. Candy Crush) betreffen. Microsoft-Präsident Brad Smith teilte diesbezüglich mit, dass man zwar bereit sei, Rivalen Lizenzvereinbarungen anzubieten, aber Activisions lukrative „Call of Duty“-Reihe nicht verkaufen würde.

Ein US-Gericht hat unter dessen geurteilt, dass Microsoft das Recht auf Einblick darüber erhält, welche Dokumente Sony über Microsoft von Regulierungsbehörden angeforderte habe und welche konkrete Kommunikation zwischen Sony und den Regulierungsbehörden stattfand. Darüber hinaus dürfe Microsoft im Gegenzug zu den Einblicken, die Sony erhalten habe, um Gegenzug Details zu den Exklusivitätsvereinbarungen von Sony mit seinen Publishern einfordern.

Update Januar 2023

Die neuseeländische Wettbewerbskommission hat die Entscheidungsfrist für eine kartellrechtliche Zustimmung vom 3. Februar auf den 28. April verlängert.

Update Dezember 2022

Microsoft und Nintendo haben eine Vereinbarung getroffen, um Call of Duty für 10 Jahre auf Nintendo-Spieleplattformen zu bringen. Die Vereinbarung setzt voraus, dass Microsoft seine Übernahme von Activision Blizzard abschließt. Xbox-Chef Phil Spencer betonte gegenüber gegenüber Bloomberg, dass die Vereinbarung weiter verlängert werden könne und Microsoft, die Anzahl der Plattformen, auf denen Spiele wie Call of Duty gespielt werden können, erweitern wolle.

Das Unternehmen hat der Sony Group ein ähnliches Angebot unterbreitet – es wurde bisher jedoch von Sony abgelehnt, sagte Spencer. Das war kein sehr kluger Zug von Sony, denn das Unternehmen hat sich damit seiner Argumente beraubt, gegen eine Übernahme zu klagen.

Microsoft sei bereit, für seine Übernahme zu kämpfen, falls die US Federal Trade Commission eine Klage einreicht, um den Deal zu blockieren, so eine mit der Angelegenheit vertraute Person.

Albertsons Companies

Der Ausblick für diese Fusion ist derzeit negativ. Ich halte aktuell eine Position von ca. 0,25% Portfolio-Gewichtung mit durchschnittlichem Einstandspreis von 18,25 EUR.

Kroger und Albertsons fusionieren. Albertsons soll zu einen Gesamtwert von 24,6 Mrd. USD übernommen werden, d.h. Kroger wird den Albertsons-Aktionären 34,10 Dollar pro Aktie zahlen. Albertsons-Aktionäre erhielten bereits eine Sonderdividende von 6,85 US-Dollar, die nach einen vorangegangenen Rechtsstreit um die Zulässigkeit der Zahlung am 20. Januar 2023 an alle jene Aktionäre ausgezahlt wurde, die die Aktien des Unternehmens am 21. Oktober 2022 hielten. Falls die Fusion scheitern erhält Albertsons von Kroger eine Break Fee in Höhe von 600 Millionen USD, was ca 25% des EBIT 2022 entspricht. Albertsons weist allerdings auch eine jämmerlich niedrige Eigenkapitalquote von ca. 6% auf. Der Kurs der Aktie könnte also schwächeln, wenn die Fusion als gescheitert erklärt wird.

Update vom 14. März

Der Kroger-Albertson-Deal erhält zunehmend negative Aufmerksamkeit außerhalb Washingtons. Von Verbrauchern wurde eine Sammelklage eingereicht, und der Generalstaatsanwalt von Arizona untersucht die Fusion. Gewerkschaften, die mehr als 100.000 Kroger- und Albertsons-Beschäftigte vertreten, protestieren seit der ersten Ankündigung gegen den Deal.

Auch die FTC hat bereits zwei Befragungsrunden durchgeführt und wendet sich nun zunehmend an konkurrierende Händler, um zu erfahren, wie die Fusion die Geschäftslandschaft von Lebensmittelnhändlern verändern könnte.

Beide Marken wiederum bekräftigen die Absicht, die Fusion zum Abschluss zu bringen und haben ihrerseits Unterstützung durch namhafte Politiker eingeworben. So hat Kroger den ehemaligen Sprecher des Repräsentantenhauses John Boehner (Republikaner, Ohio), der aktuell für die Anwalts- und Lobbyingfirma Squire Patton Boggs arbeitet, unter Vertrag genommen, um den Kroger-Vorstand zu beraten. Kroger hat für direkte oder indirekte Lobby-Tätigkeiten in 2022 etwa 950.000 USD ausgegeben. Albertsons hat sogar 2,2 Millionen Dollar in Lobby-Tätigkeiten investiert. Hier wird namentlich Jeff Miller genannt, der über Verbindungen zum derzeitigen Sprecher des Repräsentantenhauses Kevin McCarthy (Republikaner, Kalifornien) verfügt.

Update vom 10. Februar

Wie Reuters berichtet, könnten Kroger/Albertsons ca. 300 Läden für rund 1 Milliarde USD verkaufen, um Zustimmung der FTC für den Zusammenschluss zu erlangen. Dies entspricht weniger als 10% der Filialen, die beide Unternehmen derzeit in Summe betreiben. Die betreffenden Filialen würden sich über alle Bundesstaaten verteilen, in denen die Unternehmen derzeit tätig sind. 

Der FTC wird in diesem Fall sehr genau darauf achten, welche finanzielle Lebensfähigkeit der veräußerten Geschäfte haben. Die Skepsis der Behörde begründet sich mit dem Scheitern der Veräußerungen bei einer früheren Supermarktfusion zwischen Albertsons und Safeway.

Als Käufer für die zu verkaufenden Filialen kämen vermutlich vor allem Betreiber von internationalen Lebensmittelgeschäften in Frage, die eine Präsenz in den USA schaffen oder ausbauen wollen. Denkbar wäre zum Beispiel die niederländische Ahold Delhaize, die in den Vereinigten Staaten bereits die Ketten Stop & Shop, Giant, Food Lion und Hannaford betreibt.

Black Knight & Intercontinental Exchange

Ich habe eine sehr kleine Position bis in den März hinein gehalten, jedoch mit 2,3% Verlust vorerst aufgegeben.

Update vom 10. März

Die FTC hat auf die Veränderung der Übernahmevereinbarung reagiert und steht weiterhin auf dem Standpunkt, dass die Übernahme den Verbrauchern bei der Kreditvergabe schaden würde. Die FTC äußert sich wie folgt:

Mit der vorgeschlagenen Abhilfemaßnahme wird nicht versucht, die hinreichend wahrscheinlichen wettbewerbswidrigen Auswirkungen der Übernahme von Optimal Blue durch ICE auf den relevanten PSA-Märkten anzugehen. Selbst in Bezug auf die relevanten LOS-Märkte bietet die vorgeschlagene Abhilfemaßnahme Constellation nicht die Fähigkeit, die Ressourcen und Anreize, die Intensität des Wettbewerbs zwischen ICE und Black Knight zu ersetzen. Die vorgeschlagene Abhilfemaßnahme sieht u. a. vor, dass Constellation kein eigenständiges Geschäft übertragen wird, sondern dass sich Constellation auf seinen Konkurrenten ICE verlassen muss, der nach der Übernahme viele Zusatzdienste für Empower-Kunden über eine Weiterverkaufsvereinbarung erbringt. Diese Vereinbarung würde das Risiko anhaltender Verwicklungen und Konflikte zwischen ICE und Constellation mit sich bringen und die Flexibilität einschränken, mit der Constellation Innovationen, Preisnachlässe und eine Reihe von Dienstleistungen anbieten könnte, die Black Knight heute in Verbindung mit Empower anbietet. Kreditgeber und amerikanische Verbraucher profitieren vom Wettbewerb zwischen ICE und Black Knight, und sie sollten nicht gezwungen werden, das Risiko einer Veräußerung zu tragen, die diesen Wettbewerb nicht aufrechterhält.

Update vom 07. März

Black Knight (BKI) und Intercontinental Exchange (ICE) haben am Dienstag die Bedingungen ihrer geplanten Fusion geändert und sich darauf geeinigt, das Empower-Kreditvergabesystem von Black Knight an Constellation Software zu verkaufen. Mit dieser Veränderung reagieren beide Unternehmen auf den behördlichen Widerstand (basierend auf dem Hart-Scott-Rodino Act) gegen die geplante Übernahme von Black Knight durch ICE.

Die geplante Entflechtungstransaktion steht unter dem Vorbehalt des Abschlusses der Übernahme von Black Knight (BKI) durch ICE. In der geänderten Fusionsvereinbarung würden Anteilseigener von BKI weiterhin 68 USD pro Aktie erhalten, jedoch nicht mehr 1/7 ICE-Aktie  sondern nur noch die Hälfte der ICE-Anteile (Umtauschtverhältnis 0,0682). Dies spiegelt wahrscheinlich einen Teil der Kosten wider, die mit der gerichtlichen Auseinandersetzung mit der FTC verbunden sind, sowie einen Teil des Wertverlusts, der dadurch entsteht, dass die bekannteste und die zweitgrößte Plattform für die Vergabe von Hypothekenkrediten in den USA nicht zusammenarbeiten können.

Ausgangsbasis

Die ICE ist nicht ganz unbekannter Börsenbetreiber mit Sitz in Atlanta, USA, der auf den elektronischen Handel von Optionen und Futures auf Elektrizität, Energie- und Agrarrohstoffe sowie Emissionen spezialisiert ist. BKI hingegen ist ein Tech-Unternehmen, das Daten und Analysen für die Hypothekenkredit-, Dienstleistungs- und Immobilienbranche sowie für die Kapital- und Sekundärmärkte bereitstellt.

Bekannt wurde die Übernahme-Absicht am Anfang Mai 2022 und interessant finde ich, dass BKI mittlerweile leicht unter dem Kurs notiert, der vor Bekanntgabe vorlag. Denn die Übernahme könnte kartellrechtlich durchaus bedenklich sein, da die Encompass-Plattform von ICE Ellie Mae der größte Anbieter von Kreditvergabesoftware ist, während die Lösung „Empower“ Black Knight die klare Nummer 2 im Markt ist. Möglicherweise muss ICE also kartellrechtliche Zugeständnisse eingehen. 

Genau aus dieser Kursschwäche bei BKI reizt mich jedoch, denn sollte die Transaktion am Ende doch über die Bühne gehen (mit einem Ergebnis wird bis April 2023 gerechnet), winkt eine ansehnliche Rendite. ICE bietet pro BKI-Aktie, die derzeit bei 55 USD notiert nämlich einerseits 68 USD in Cash sowie je 1/7 ICE Aktie, wobei ICE bei 100 USD notiert. Das entspricht rechnerisch einem Abstand von 27 USD auf den heutige BKI-Aktienkurs bzw. 50%.

Ich habe deshalb zunächst mal eine sehr überschaubare Position eröffnet und gebe dann von Zeit zu Zeit mal ein Update.

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Illustration: iStockPhoto / IconicBestiary

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