Mein Depot hat seit Jahresbeginn die Null-Linie gehalten. Für die spätere Beurteilung soll zur Einordnung nur soviel gesagt, dass meine Prognosen zum Energy Crunch weitgehend eingetroffen sind und ich den S&P 500 dank günstiger Depot-Gewichtungen damit um 13% und den Nasdaq 100 sogar um 20% geschlagen habe.
Am 19. Januar flog Gazprom Neft aufgrund der steigenden politischen Risiken aus dem dem Depot. Gekauft hatte ich am 28.09, sodass der Titel in der Zwischenzeit immerhin 7% gemacht hatte. Die Positionsgröße war allerdings eher unbedeutend.
Ebenfalls verkauft habe ich Coterra, nachdem diese Position am 07. März die 100% Rendite-Schallmauer durchbrochen hat. Ich hatte das Unternehmen im September 2021 ausgewählt, weil es unter fundamentalen Gesichtspunkten deutlich besser positioniert erschien, als die Dickfische der Branche, die doch zum Teil mit erheblichen Schulden hantieren, während ihre Umsätze unter der eingeschränkten Mobilität in der Pandemie gelitten haben.
Nach dem heftigen Anstieg des Ölpreises haben die Öl-Multis aber eigentlich keine Sorgen mehr – höchstens die, wie sie ihre Kapazitäten möglichst schnell wieder ausbauen können. Die höhere Bilanzqualität von Coterra relativiert sich damit etwas, zumal man dem fulminanten Preisanstieg des Titels eben auch attestieren kann, dass sich ein wesentlicher Teil der erhofften Outperformance damit erfüllt hat.
Das bedeutet für mich, dass ich als Anleger für die kommenden Monate beispielsweise mit einem MSCI World Energy (IE00BM67HM91) dass Einzelwert-Risiko geringer halten kann, zumal es abzuwarten gilt, auf welchem Niveau sich der Ölpreis einpendelt, wenn die Sanktionen für den Iran reduziert werden oder wenn es Fortschritte bei den Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine gibt.
Aber selbst wenn das passiert, ändert sich dadurch nichts daran, dass Westeuropa seine Abhängigkeit von Russland reduzieren will und wird. Und hier liegen die Chancen für eine neue Position in meinen Depot. Andererseits muss ich sagen, dass ich aus umweltpolitischen Aspekten gar nicht so wahnsinnig scharf darauf bin, die Distribution von Erdöl mit Eigenkapital zu unterstützen, bzw. anders ausgedrückt: Wenn es schon unvermeidbar ist, fossile Energieträger zu verwenden, dann doch bitte jene, mit dem geringsten Impact in Sachen Umweltverschmutzung. Der Übergang von Kohle über Erdöl hin zu Erdgas ist deshalb ja auch weitgehender Konsens. Deshalb bleibt auch das Unternehmen Cheniere Energy Partners weiterhin Teil meines Depots.
Ich habe also überlegt, wie ich meine Investitionen im Bereich Erdgas weiter ausbauen könnte und dabei wurde mir klar, dass der Wunsch Westeuropas, die Lieferanten für Erdgas zu diversifizieren, höhere logistische Aufwände bedeutet, denn neue Pipelines zu errichten, wird Jahre dauern. In der Zwischenzeit braucht es Flotten von LNG-Schiffen und hier kommt Flex LNG ins Spiel.
Flex LNG befasst sich über seine Tochtergesellschaften mit dem weltweiten Seetransport von verflüssigtem Erdgas (LNG). Am 16. Februar 2022 besaß und betrieb das Unternehmen neun elektronisch gesteuerte LNG-Tanker des Typs M mit Gaseinspritzung sowie vier Schiffe mit Dual-Fuel-Antriebssystemen der Generation X. Der Name des Unternehmens ist insoweit Programm, als dass Flex LNG seine Schiffe als Time Charter auch den existierenden Öl-Unternehmen vermietet. So greift beispielsweise auch Cheniere auf die Flex-Schiffe zurück, sodass die bestehende Flotte für 2022 bereits zu 93% ausgelastet ist. Berücksichtigt man, dass das Unternehmen jährlich mindestens 3 neue Schiffe in Betrieb nimmt, dann scheint es fast so, als würde das Unternehmen mit jedem weiteren Schiff den Markt nicht nur zu füllen, sondern fast schon zu vergrößern.
Die aktuelle Flottengröße von 13 Schiffen halte ich für eine gute Größenordnung, um stets mögliche Umsatzeinbrüche durch den Ausfall eines Schiffs kompensieren zu können.
Die Flex LNG Ltd. wurde 2006 nach dem Recht der Britischen Jungferninseln gegründet und schloss 2009 die Erstnotierung der Stammaktien an der Oslo Axess unter dem Symbol „FLNG“ ab. Im Juni 2017 hat das Unternehmen auf die Bermudas umdomiziliert und im Juli 2017 die Notierung der Stammaktien von der Oslo Axess an die Osloer Börse verlegt, um die Sichtbarkeit für Investoren zu erhöhen und die Handelsliquidität zu erhöhen.
Dass der von mir sehr geschätzte Steen Jakobsen (ich kannte ihn vorher bereits als Chief Investment Officer der Saxo Bank) im Board of Directors des Unternehmen sitzt, bewerte ich persönlich als positiv. Ebenso positive Signale sehe ich im gut gepflegten Investoren-Bereich auf der Website des Unternehmens, der neben Zahlenwerken auch Branchen-bezogene Erläuterungen bietet.
Bewertungstechnisch steht das Unternehmen gut da: Mit einem PE Ratio von aktuell 7.8 wird es sich im Umfeld der Straffung der Geldpolitik gut behaupten können und Debt/Equity ist mit 100% angesichts der Umsatzprognosen auch nicht überdehnt.
Und wir bei der Inflation sind, kommen wir nun auch zum wirklich attraktiven Teil der Aktie: Die Dividende. Sie beträgt… *hust*… 12.66%. Bei einer 75% Payout Ratio.
Einen guten Überblick einschließlich einem Eindruck vom CEO kann man sich in der „Q4-2021 and Full Year 2021 Earnings Presentation“ verschaffen: